Die Entwicklung unserer Mobilität in den letzten Jahrzehnten ist mit zwei Sätzen zu charakterisieren:
- Der motorisierte Individualverkehr (PKW, Motorrad…) wurde und wird, z.B. durch den Ausbau von Straßen, gefördert!
- Der öffentlicher Personennahverkehr (Bahn, Bus…) wurde und wird vernachlässigt!
Die jetzt noch laufenden Investitionen in den Straßenverkehr kommen einem vor, wie das letzte Aufbäumen einer zum Sterben verurteilten Technologie. Wir müssen doch erkennen: Unsere Mobilität steht mitten in einem Paradigmenwechsel. Der massenhafte motorisierte Individualverkehr auf der Basis von Verbrennungsmotoren wird aufgrund der sich erschöpfenden Ressourcen und wegen des Klimawandels nicht so weitergehen können. Alternativen wie die E-Mobilität, für die sich bereits jetzt Ressourcen-Knappheit, z.B. für die Produktionen der Batterien, abzeichnet, können das Problem nicht lösen. Wenn wir auch in Zukunft so mobil sein wollen wie heute, bleibt uns zwangsweise nur der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel.
Es ist höchste Zeit, die Einrichtungen und die Organisation unseres öffentlichen Personennahverkehrs für die Zukunft zu ertüchtigen. Als Stichworte seien hier genannt: Ein Verkehrsverbund mit einem einheitlichen Tarifsystem und günstigen Fahrpreisen, hohe Taktfrequenz und abgestimmte Umsteigemöglichkeiten, Ausbau der Infrastruktur wie Bahnhöfe oder Haltestellen.
Wegen der jahrzehntelangen Vernachlässigung des öffentlichen Personennahverkehrs ist der Zustand vieler Einrichtungen für Bahn und Bus nur mit einem Wort zu bezeichnen: desolat.
Hier einige Beispiele:
Zahlreiche Bahnübergänge sind nicht mit Schranken gesichert. Dadurch werden sowohl der Zug- als auch der kreuzende Straßenverkehr zum Langsamfahren gezwungen.
Verbesserung ist aber in Sicht; an den Bahnübergängen bei den Weilern Grandmühle und Bruckmühle sollen demnächst Schranken installiert werden.
Bedingt durch den schlechten Zustand der Strecke sind zahlreiche Langsam-Fahrstellen nötig. Das Foto zeigt einen Bahnübergang; die Tafel mit der Zahl 1 weist den Zugführer an, auf das Zehnfache der angezeigten Zahl runter zu bremsen, also 10 km/h! Die Tafel dahinter mit der Zahl 5 zeigt dem Zuführer, dass er ab dort auf 50km/h beschleunigen darf, – auch nicht gerade sehr schnell. Ein Ausbau der Strecke und damit verbunden kürzere Fahrzeiten würden zu einer höheren Akzeptanz (1000-Fahrgastkriterium) führen!
Schlechter Zustand der Strecke: Im Sommer 2018 wurden zwischen den Bahnhöfen Gotteszell und Ruhmannsfelden die Schienen durch die starke Sommerhitze verbogen. Als Folge fiel der Zugverkehr für mehrere Wochen aus, bis die Schienen repariert wurden.
Das andere Extrem: Im Winter 2018/2019 musste der Zugverkehr für mehrere Tage ruhen, weil durch Schneebruch von Bäumen nahe an den Gleisen die Strecke unpassierbar wurde; auch dies eine Folge der jahrelangen Unterbrechung des Regelverkehrs und, damit zusammenhängend, dem nur notdürftigen Unterhalt der Strecke.
TRISTESSE PUR
Der ehemalige Bahnhof Ruhmannsfelden; wie viele andere Bahnstationen für den Probebetrieb notdürftig hergerichtet. Anstelle des Bahnhofsgebäudes, das vor Jahren abgerissen wurde, steht jetzt ein Wartehäuschen, das den Bahnreisenden etwas Wetterschutz gibt. Als Bahnhofsbeleuchtung dient provisorisch eine Baustellenbeleuchtung und am Vorplatz wuchert das Unkraut. Trotz dieser Umstände nutzen schon jetzt relativ viele Fahrgäste die Haltestelle.
Ein Foto im Winter: Mit Ausnahme des unmittelbaren Bereichs des Bahnsteigs, wird der Schnee nicht geräumt! Um zum Bahnsteig zu gelangen muss man durch tiefen Schneematsch stapfen. Wer mit dem Auto kommt, muss sein Fahrzeug im tiefen Schnee abstellen. Wer ein Auto ohne Allradantrieb hat, kommt nur mit Mühe wieder weg. Aufgrund der kaum vorhandenen Busanbindung sind aber gerade im Winter viele Bahnfahrer gezwungen, für den „letzten Kilometer“ zum Zug das Auto zu nutzen.
Mittlerweile eine lokale Berühmtheit: Der Bahnübergang am Kreisverkehr in Teisnach wird bei Zugfahrten durch eine Absperrung mit Flatterband gesichert.
Die Wartezeiten für den betroffenen Autoverkehr könnten verkürzt werden, wenn durch ein optimiertes betriebliches Verfahren im Bahnhof Teisnach die gleichzeitige Einfahrt der WBA 4 Züge aus Richtung Viechtach und Gotteszell ermöglicht würde. Außerdem könnte dadurch die Reisezeit auf der Strecke reduziert werden.
Diese Maßnahme ist auch im Vorgriff auf eine technische Sicherung des BÜ Teisnach (Schranken beim Kreisverkehr) von Bedeutung.
Aber nicht nur bei der Bahn mangelt es. Ein umfassendes regionales Verkehrskonzept, das die verschiedenen Nahverkehrsmittel Bahn und Bus hinsichtlich Netz und Fahrplan aufeinander abstimmt, fehlt. Das nebenstehende Foto zeigt den Bahnhof Regen kurz vor Ankunft der Waldbahn aus Zwiesel um 13:07 Uhr. Mit dem Zug kommen zahlreiche Fahrschüler an. Offensichtlich gibt es für die Weiterfahrt der Schüler keine Busverbindungen, die von den Fahrschülern angenommen werden. Die Folge: Geschätzt 30 Autos stehen am Bahnhof, um die Schüler abzuholen („Taxi Mama“).
Der Öffentliche Personennahverkehr bei uns fristet ein eher kümmerliches Dasein; das Unkraut dagegen gedeiht gut.
Symptomatisch das Bild einer Bushaltestelle. Eine Distel, offensichtlich eine mehrjährige Pflanze, wächst im Wartehäuschen, und zwar jedes Jahr wieder von neuem.
Die Ausstattung der Haltestelle auf dem Bild daneben besteht aus einem Holzpfosten mit dem Haltestellenschild und mit einer Tafel, in der hinter Plexiglas ein nicht mehr ganz aktueller Fahrplan sein Dasein fristet. Der Holzpfosten steht schief (das sind wir Waidler von den „Stempn“ an den Zäunen von Viehweiden gewohnt). Und die Tafel mit dem Fahrplan wartet auf den nächsten Regen, der den Vogeldreck darauf runterspült; dann kann der Plan auch wieder gelesen werden.
Niemand kann erwarten, dass jede Haltstelle mit einer Top Metall – Glaskonstruktion ausgestattet ist. Aber zumindest ein Minimum an Pflege der Einrichtungen sollte doch stattfinden.
Um es deutlich zu sagen: Nicht nur bei uns im Bayerischen Wald, sondern in ganz Deutschland ist die Bahn in einem desolaten Zustand. Beispielhaft ist, was im nebenstehenden Zeitungsartikel beschrieben wird.
Aber es besteht Hoffnung: Angetrieben von einem Umdenken in weiten Teilen unserer Gesellschaft, reift wohl auch bei den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft die Erkenntnis, dass es höchste Zeit ist, die Bahn nach jahrzehntelanger Vernachlässigung wieder zu einem zukunftstauglichen Verkehrsmittel zu machen.
Mit Bus und Bahn zu fahren, ist auf dem Land sehr teuer! Wer in Ballungsräumen mit ihren Verkehrsverbünden lebt, fährt wesentlich günstiger. Und schon gar kein Vergleich zu unseren Urlaubern, die mit der Gästeumweltticket GUTi so gut wie umsonst fahren.
Ein Beispiel: Ein junger Mann, der eine Ausbildung zum Pflegefachhelfer in einem Altenheim in Viechtach macht, muss zur Berufsfachschule nach Zwiesel. Er fährt mit dem Zug um 5:37 Uhr los, weil er bis acht Uhr in der Schule in Zwiesel sein muss. Das Waldbahn-Tagesticket, mit dem er für 8,50 € einigermaßen preisgünstig hin- und zurückfahren könnte, gilt erst ab 8:00 Uhr. Also muss er für die Hinfahrt einen Normalfahrschein zum Preis von 12,30 € kaufen. Für seine Rückfahrt am Abend ist dann die günstigere Variante, Waldbahn-Tagesticket für 8,50 €, möglich.
Somit kostet die Fahrt für einen Schultag in Summe 20,80 €!!!
Gleichwertige Lebensverhältnisse – in der Stadt und auf dem Land???